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demokratiefalle...

In einer solchen befinden sich derzeit 442.287 wahlberechtigte Kärntnerinnen und Kärntner. Im Rahmen einer Volksbefragung sollen sie über die Verhandlungsergebnisse bezüglich Minderheitenrechte und Aufstellung von weiteren zweisprachigen Ortstafeln abstimmen. Dass diese Befragung de jure hinterfragenswert und de facto irrelevant ist und sogar von den politischen Verantwortungsträgern nicht als Entscheidungskriterium für Beschlüsse herangezogen wird, hat das Plebiszit a priori ad absurdum geführt. Damit jedoch diverse, am Sternhof lebende, Großgrundbesitzer nicht das Gefühl bekommen, a la longue von den Schalthebeln der Macht wegdemokratisiert zu werden, musste eine Befragung part of the game sein. Ministerratsbeschluss in Wien hin oder her – wir fragen das Volk (warum fällt dem Eisbären in diesem Kontext die „Umvolkung“ ein?) wurde vom Landeshauptmann abwärts postuliert. Und auch in der „veröffentlichten Meinung“ einigte man sich auf  gut österreichisch auf ein „nutzt’s nix, schad’s nix“.
Doch für die Wahlberechtigten öffnet sich angesichts dieser Briefbefragung eine gefährliche Demokratiefalle. Die verfassungs- und datenschutzrechtlich bedenklichen „Befragungszetteln“ wurden ausgeschickt, zwei Tage bleiben noch Zeit diese angekreuzt, bemalt, überklebt, mit Blumenaufklebern verziert oder mit Liebesbriefen an Gerhard, Uwe, Harald bzw. dem „Ragga“ Christian geschmückt an die Kärntner Landesregierung zu retournieren. Was uns zu diversen Varianten des Abstimmungsverhaltens führt.

1) Optimistisch betrachtet wird die Beteiligung wohl jener von EU-Wahl oder ÖH-Wahl ähneln und unter 30 Prozent bleiben. Ein Großteil des Wahlvolkes (inklusive diverser Wahlonkel großdeutscher Provenienz) wird die Befragung negieren und die Stimmzettel dem Altpapier zuführen. Wenigstens die Mülltrennung funktioniert in diesem Land auf zufrieden stellenden Niveau. Mögliche Begründungen für die Nicht-Teilnahme: Mann/Frau interessiert sich nicht für Politik, „es ist eh schon alles ausgepackelt“, die zweisprachigen Ortstafeln betreffen mich nicht, ich will der FPK keinen Gefallen tun etc. Durchaus valide Argumentationslinien, wie aber auch die noch folgenden.

http://www.ktn.gv.at/
2) Die nächste Option wäre die bereits angesprochene „nutzt’s nix, schad’s nix“-Variante. Stimmzettel mit „ja“ ausfüllen, um eine jahrzehntelange Diskussion zu beenden und nicht diversen Scharfmachern wieder Sauerstoff zum bereits zu ersticken drohenden Feuer zu geben. Zähneknirschend und trotz diverser Vorbehalte könnte das dann doch zu einem respektablen Votum führen und in der Folge im Herbst mit der Aufstellung der fehlenden zweisprachigen Ortstafeln begonnen werden.

3) Variante 3 wird von den „Revoluzzern“ präferiert: Befragungszettel an die Landesregierung zurückschicken, um zu zeigen, dass die Thematik von Bedeutung ist. Aber ungültig votieren, weil die gesamte Vorgangsweise als undemokratisch angesehen wird. Kollege Franz Miklautz ruft zu dieser Variante auf und erklärt in seinem Blog die Beweggründe warum wir die Volksbefragung umdrehen sollen. Als Votum gegen die FPK-Regierung will er die Volksbefragung demnach verstanden haben. Der Eisbär bezweifelt hingegen stark dass, unabhängig davon wie viele Wahlberechtigte sich für diese Variante entscheiden, die Botschaft bei den Adressaten ankommen wird. Eine ernsthafte Option kann das also wohl auch nicht sein.

Eins, zwei oder drei. . . letzte Chance vorbei. Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr wenn das Licht angeht. Allzu viel Licht dürfte auf dem Arnulfplatz leider nicht aufgehen, eine Ansammlung großer intellektueller Leuchten scheint das Regierungsgebäude seit Jahren definitiv nicht zu sein.

4) Bleiben also noch die „Nein“-Sager. . . Das sind a) jene, die auf ihren Stimmzetteln „nein“ ankreuzen, aus ähnlichen Motiven wie Nicht-Partizipanten (eh schon alles beschlossen) oder Verfechter der Miklautz-Variante (Misstrauensvotum gegen die FPK). Aber dann sind da noch jene die b) aus Überzeugung „nein“ sagen. Nicht weil sie diese Volksbefragung aus demokratiepolitischer Sicht ablehnen (die zähle ich zur Gruppe 1, 3 oder 4a) oder sich zusätzliche Rechte für die slowenische Volksgruppe oder noch mehr zweisprachige Ortstafeln gewünscht hätten. Vielmehr sind die gemeint, die das alles ablehnen. „Weil wir das ja nicht wollen und brauchen, weil wir in Kärnten ‚deitsch’ reden, die sowieso zu viel Geld kriegen, in Slowenien sich auch keiner um uns kümmert“ etc. Erschreckend was so mancher Zeitgenosse zum Beispiel hier von sich gibt. . .


Einsprachigkeit ist heilbar, meint heute ein Leserbriefschreiber in der Kleinen Zeitung. Angesichts solcher Wortmeldungen scheint es jedoch so, dass leider noch immer viel zu viele Menschen in diesem Land auf der logopädischen Intensivstation liegen. Und nein, das sind nicht die oft strapazierten Ewiggestrigen. Weltoffene Generation Facebook, hallo?? Sprach- und Sprechübungen werden da nicht ausreichen, vielleicht lässt sich ihnen in ihrem Komazustand aber zumindest eine Nuance Gehirn implantieren. Manegold, übernehmen Sie! Diverse taktische Überlegungen zur Volksbefragung sind angesichts dessen eigentlich von sekundärer Bedeutung. Denn solches Gedankengut kann irgendwann zu einer letalen Falle für unsere Demokratie werden.

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