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remark(e)able kärnten...

Die Marke Kärnten - höchst erfolgreich oder politisch beschädigt? Interview mit dem Markenforscher Stefan Schiel (www.marketmind.at). Die Kurzfassung ist in der Woche Kärnten veröffentlicht worden - http://tinyurl.com/ylp4lza.

Sud: Herr Schiel, mit welchem Bekanntheitsgrad würden Sie die Marke Kärnten, als Tourismusdestination, einschätzen?
Schiel: In Österreich ist Kärnten eine sehr bekannte und starke Marke. Vor allem die passive, die gestützte Bekanntheit ist hoch. Wenn Sie in einer Marktforschung die Frage stellen, ob Kärnten ein Begriff ist, werden Sie am Ende einen sehr hohen Bekanntheitsgrad herausbekommen. Auch bei der aktiven Bekanntheit liegt Kärnten unter den Top 3 in Österreich. Bei der Frage „Was fällt Ihnen ein wenn Sie an Urlaubsdestinationen denken?“ matcht sich Kärnten mit Tirol um Platz 1.

Sud: Ist die Marke Kärnten in Österreich positiv besetzt?
Schiel: Vor allem wenn man über Kärnten als Urlaubsland spricht wird die Marke sehr positiv gesehen, man assoziiert positive Gedanken mit Kärnten. Obwohl politische Diskussionen natürlich manchmal für eine Polarisierung sorgen.

Sud: Sie glauben, dass politische Ereignisse das Image einer Marke beeinflussen können?
Schiel: Eine Beeinflussung ist sicherlich gegeben. Die Frage ist nur wie stark, und welche Zielgruppen dadurch vergrämt oder angesprochen werden.

Sud: Im Marketing ist oft vom USP (Unique Selling Proposition) die Rede. Welches einzigartige Verkaufsargument würden Sie Kärnten zuordnen?
Schiel: Urlaub bei Freunden, gut aufgehoben sein, das vielfältige Freizeitangebot, viel Sonne, die tollen Seen. Den hohen Freizeitwert dieses Bundeslandes mit
emotionalen Komponenten zu versehen, das hat schon ganz gut funktioniert. Ein Problem hat sich aber entwickelt. Es hat eine zweite sehr starke Marke gegeben, die Kärnten mitgeprägt hat. Die Marke Jörg Haider. Die hat natürlich Dinge mittransportiert, die vom Tourismus nicht so gewollt waren. Da tun sich Problemfelder auf, weil Politiker aufgrund ihrer Außenwirkung natürlich imagegebend und Werbeträger für ihr Land sind.

Sud: Das heißt die Marke Jörg Haider ist mit der Marke Kärnten in Konflikt geraten?
Schiel: Ein gewisses Konfliktpotenzial ist sicher da, Emotionalität spielt dabei eine wichtige Rolle. Nehmen wir das Beispiel Lutz mit der Familie Putz. Studien haben ergeben, dass viele Menschen gerade aufgrund dieser Werbelinie nie zu Lutz gehen würden. So ähnlich sehe ich das in Kärnten auch. Es ist plötzlich zu einer Polarisierung gekommen, Kärnten ist nicht nur mehr die sonnige Feriendestination.

Sud: Angenommen Sie wären Manager bei der Kärnten Werbung und bemerken, dass die Gäste reihenweise aufgrund politischer Ereignisse absagen. Wie würden Sie reagieren?
Schiel: Das ist keine leichte Aufgabe. Menschen, die aufgrund politischer Zusammenhänge eine Marke ablehnen, haben sich zu diesem Thema ein bestimmtes Bild gemacht. Zum Beispiel, jeder zweite Kärntner hat ein Weltbild, das mit meinem nicht kompatibel ist oder mich sogar anwidert.Es könnte mir also passieren, dass ich in ein Hotel gerate und Menschen treffe, die mir nicht sympathisch sind und ich mit Dingen konfrontiert werde, die sich mit einer Urlaubssituation schwer vertragen. Wenn es wirklich in so eine Richtung geht, wird es sehr schwierig gegenzusteuern.

Sud: Welche Strategie wäre notwendig um das Positive wieder mehr herauszustreichen?
Schiel: Die Strategie müsste sein, eine Isolation der Marke Kärnten von der Politik zu versuchen. Kärnten als Urlaubsland vom politischen Kärnten trennen und zu sagen, wir sind in einer Demokratie, das politische Umfeld ist doch egal. Die Tourismusverantwortlichen müssten der Politik dieses Problem aufzeigen und die müsste das unterstützen. Auf jeden Fall würde diese Strategie ziemlich viel Geld kosten, weil es fast unmöglich ist mit bunten, hübschen Werbebildern gegen die Politik anzukommen.

Sud: Vielleicht könnten die touristischen Mitbewerber Kärntens aus dieser Situation Kapital schlagen und ihre Werbestrategie darauf abstimmen. Unter dem Motto – bei uns ist es auch schön, aber wir sind gastfreundlicher?
Schiel: Das würde die Österreich Werbung wahrscheinlich nicht zulassen, das so offensiv zu thematisieren. Aber für ein Nachbarland wie Slowenien würde das als Markenstrategie sicher Sinn machen. Wir sind gastfreundlicher, politisch neutral und bei uns gibt es wirklichen Urlaub bei Freunden. Zu diesem Slogan könnte man eher polemische Zugänge finden. Ich bin mir sicher, dass das erfolgreich sein könnte.

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