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Doppelmoral…

...haben die Abgeordneten des Österreichischen Nationalrats eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der langjährige FPÖ Abgeordnete Michael Graf ist gestern mit 109 von 182 abgegebenen Stimmen zum dritten Nationalratspräsidenten gewählt worden. Wie es so schön heißt entspricht es einer parlamentarischen Usance, dass ein Vertreter der drittstärksten Fraktion als zweiter Stellvertreter des Nationalratspräsidenten fungiert. Diese Usance wurde also nicht gebrochen, obwohl es im Vorfeld vor allem von den Grünen erhebliche Bedenken gegen die Person des Dr. Martin Graf gegeben hatte.

Grund ist dessen Mitgliedschaft in der rechtsextremen Verbindung ‚Olympia’, die sogar dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands einen Eintrag wert ist. Eine Burschenschaft, die den Holocaust und die Existenz von Konzentrationslagern und Gaskammern im Dritten Reich leugnende Personen zu ihren Treffen einlädt. Und sich an der Musik von rechts-rechten Pseudo-Liedermachern mit Texten wie - frei nach Udo Jürgens – mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, delektiert. Im Volksmund würde man diese Burschenschaft wollen einfach als Nazi-Brüder bezeichnen, eine Beschreibung die durchaus passend ist. Die moralische Entrüstung der grünen und vieler sozialdemokratischer Abgeordneten, sowie Zeitungskommentatoren und unzähliger Künstler ist durchaus nachvollziehbar – jedoch kommt hier die angesprochene Doppelmoral ins Spiel.

Martin Graf sitzt seit Jahren im Parlament (1994 - 2002, und dann wieder seit 2006), hat sogar Untersuchungsausschüsse geleitet und wurde jetzt eben von seiner Partei für das Amt des dritten Nationalratspräsidenten nominiert. Diskussionen über seine Olympia Mitgliedschaft hat es in all den Jahren meines Wissens nach nicht gegeben, allfällige rechtsextreme Äußerungen in der Grafschen Politkarriere sind nur bedingt aktenkundig. Die jetzt geführte Diskussion ob ein Mann wie Graf eine der wichtigsten Funktionen der Republik ausüben darf, hätte schon vor Jahren geführt werden sollen – konkret vor seiner Angelobung als Nationalratsabgeordneter.

Solche Diskussionen finden hierzulande aber nicht statt, Menschen mit ewiggestrigen Ansichten verirren sich immer wieder ins Parlament, man denke aktuell an Susanne Winter (Mohamed lässt grüßen), Norbert Hofer (fordert eine Volksabstimmung über das NS Verbotsgesetz), Gerald Grosz (zeichnet für die ‚wir säubern Graz’ Kampagne verantwortlich) und Ewald Stadler, oder früher auch intellektuelle Kapazunder wie John Gudenus. Bezeichnend für die politische Kultur in diesem Land, irgendwie regt das niemanden mehr wirklich auf - und wenn dann wird oft mit stereotypen Vorurteilen, gegen alles was sich rechts der Mitte bewegt, operiert. Das funktioniert de facto überhaupt nicht. In Österreich sind auch ‚Sieg Heil’ Rufe in Straßenbahnen nicht unmöglich – welcome to the 21st century!

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