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Grüßaugust

Jahrelang war es in good old tu felix Austria Usus, den Bundespräsidenten als freundlichen älteren Herren zu sehen. Einen, der sich wenige Male im Jahr mit sonorer Stimme und mahnend zu Wort meldet - den verbalen Vorschlaghammer packt er dabei nicht aus. Irgendwie war das bei allen Staatsoberhäuptern, die der Eisbär in seiner Lebenszeit mitbekommen hat, in unterschiedlicher Ausprägung so. Beim volksnahen Sumpfaustrockner Kirchschläger Rudl, dem einstige NS-Soldat Watchlist-Kurtl Waldheim, der Thomy "In großer Sorge" Klestil mit der steinernen Angelobungsmiene. Von Heinzi "Guten Morgen" Fischer wurde die Rolle als lieber und fürsorglicher Opa der Nation in den letzten 12 Jahren in sympathischer Weise perfektioniert. 



Weniger freundlich formuliert, wird das Amt des Bundespräsidenten in Österreich seit Jahren ungefähr so gesehen: Ein Grüßaugust, der ohnehin keine wesentlichen Entscheidungen treffen kann, nur repräsentiert und dessen Funktion längst ein Anachronismus geworden ist. Das Amt ersatzlos zu streichen, auch diese Diskussion wurde schon mehrfach geführt. Und heute? Da wird der Untergang des Abendlandes und das Ende der Zweiten Republik ausgerufen, weil ein Kandidat des rechten politischen Spektrums möglicherweise dieses Amt übernehmen könnte. Ein (wenn man so will braunes) Déjà-vu - schon oft wurde nach deutlichen freiheitlichen Zugewinnen bei Wahlen der Abgesang auf diese Republik angestimmt. 



Bei all der berechtigten Sorge vor zunehmenden nationalistischen und radikalen Tendenzen, ist das derzeit zu vernehmende Hyperventilieren nicht angebracht. Emotionslos und abseits von Ideologie betrachtet ist zu attestieren, dass FPÖ-Kandidat Norbert Hofer (leider) einen fehlerfreien Wahlkampf abgeliefert hat. In sämtlichen televisionären und anderen Auftritten präsentierte er sich geschickt als moderater Kandidat, der eloquent die bürgerliche Mitte des Landes anspricht. Rechte Ausritte unterließ der NLP-gefestige Burschenschafter fast zur Gänze bzw. überließ diese seinen Gesinnnungsfreunden. Er war damit wohl der bessere und zudem jüngere, unverbrauchtere Kandidat für potenzielle Wähler in konservativen Milieus. PS: Erwin Pröll hätte bei dieser Wahl auch keinen Blumentopf gewonnen, außerhalb "Erwinstans" hat der niederösterreichische Landesfürst die Beliebtheitswerte eines Fußpilzes.

Und für jene, die in der SPÖ einst die Partei für die Arbeiter gesehen haben, ist die FPÖ schon seit längerem der scheinbar sicherere Hafen geworden. Hofer profitierte von der desaströs negativen Grundstimmung der Regierungsarbeit gegenüber, obwohl diese gerade in der Flüchtlingsfrage einen härte Gangart an den Tag zu legen begonnen hat. Seinen Erfolg auf die Asylthematik, Unzufriedene, Alt-Nazis und schlecht ausgebildete junge Männer zu schieben, ist ein Zeichen von Naivität. Hofer war, gemeinsam mit Imgard Griss, auch ein Kandidat der Mitte, der mit seinen Standpunkten offenbar zur (nomen est omen) rechten Zeit am rechten Ort war. Obwohl Mr. Nichtwähler noch mehr Zustimmung erntete. 



Die jetzt bereits avisierten Demonstrationen gegen den Kandidaten und einen möglichen Präsidenten Hofer könnten diesem in den kommenden Wochen bis zur Stichwahl mehr helfen als seinem Mitbewerber Alexander Van der Bellen, der hoffentlich noch ein "arschknappes" Duell ausfechten wird können. Der Lagerwahlkampf ist jedenfalls eröffnet, eine Richtungsentscheidung wird ausgerufen - wobei der geniale Ernst Jandl weiland schon wusste: "manche meinen lechts und rinks kann man nicht velwechsern werch ein illtum". Die Ergebnisse dieser Wahl werden das politische System in Österreich kurz-, mittel- und langfristig verändern, unabhängig davon ob sich die präsidialen Mitarbeiter grün oder blau ärgern müssen. 

International würde die Wahl Hofers Kritik und Häme bringen, letztlich wird das aber auch zur Kenntnis genommen werden. Vielleicht steht einem blauen Präsidenten dann eines Tages eine Koalition Rot-Grün-Neos gegenüber? Verhindern könnte das auch Hofer à la longue nicht. Vielmehr Sorgen als das eigentliche Ergebnis muss einem die Polarisierung der Bevölkerung machen. Gerade jetzt wäre eine vernünftige politische Mitte gefragt, zu sehen ist sie nicht. Lassen wir uns nur noch von - um hier die drastischen Worte eines Eisbären-Bekannten zu zitieren - "Nazischweinen" auf der einen und "linksradikalen Arschlöchern" auf der anderen Seite, diktieren, was wir zu glauben haben? Austria, you can do better. Much better. Believe me.

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