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milos

Während ich mit der Vespa durch die hügelige Landschaft auf der Kykladen-Insel gleite, liegen weit mehr Aromen in der Luft, als meine Nase überhaupt aufnehmen kann. Rundherum unendlich viele verschiedene Gräser, Unmengen an Kräutern, Tomatengärten, Olivenbäume und das Stroh, das in frisch gepressten, würfeligen Ballen goldbraun glänzend auf den Feldern liegt. Eine Kräutersauna könnte kein besseres Odeur verbreiten. Mit dem Gedanken, dass so Freiheit und Sehnsucht riechen müssen, reduziere ich die Geschwindigkeit und atme tief ein.



Sarakiniko wirkt wie die idealisierte Vorstellung einer Mondlandschaft. Eine kleine Bucht, umschlossen von kalkweißen, terrassenförmigen Felsformationen, die zum Teil wie vorgelagerte teure Logen in einem Fußballstadion daliegen und einem die Szenerie der frühen Abendstunden aus sicherer Distanz beobachten lassen. Ein kirschrotes Kayak liegt am Ufer, ein hyperaktiver Schäferhund prescht durch die Fluten, um möglichst schnell den Tennisball zu fassen zu bekommen, der für ihn geworfen wurde. Die Sonne wird von leichten Schleierwolken bedeckt, die von unregelmäßigen Kondensstreifen durchzogen werden. In den Felsformationen zeichnen sich Höhleneingänge unterschiedlicher Größen ab, die von abenteuerlustigen Adoleszenten erkundet werden. Direkt im Zentrum eines breiten Kondensstreifens ist die Sonne jetzt gelandet und lässt diesen wie einen weißen Kugelblitz erscheinen.



In einer kleinen Bucht bei Adamas bewegt sich das Wasser gemächlich und in schöner Regelmäßigkeit an den feinen Sandstrand zu. Zwischendurch wirkt es, als ob es verharrt und den Mann beobachtet, der am Ufer sitzt und fragend in die Ferne starrt. 15 Fischerboote unterschiedlicher Größen sind hier vor Anker gegangen. Als die Sonne sich hinter den pilzkopfförmigen Tamarisken zu verstecken beginnt, setzen sich die ersten Boote in Bewegung, um die Nahrungsquelle im kristallklaren Wasser der Ägäis anzuzapfen. Der Klang einer Kirchenglocke ertönt. Das Wasser hat eine wenig Fahrt aufgenommen, die ruhigen Wellen werden um eine Nuance stärker, nachdem sich ein Motorboot sich den Weg zum Hafen bahnte. Ein kleines Fischerboot mit weiß-blauer Farbe kommt gehörig ins Schaukeln und wirkt fast wie eine grazile Tänzerin in der Bucht. Am Horizont zeichnet sich der Profitis Ilias ab, die höchste Erhebung der Insel Milos. Freilich tragen auch die höchsten Berge anderer Inseln diesen Namen.




In der einsamen Taverne am Emborios Bay verweile ich an einem Tisch direkt am Wasser, das sich still wie ein riesiger Spiegel vor mir ausbreitet. Meer und Himmel liefern sich einen Wettbewerb um die schönsten Blautöne. Der sanfte Wind scheint den Gedankenballast mühelos fort zu tragen.


Kommentare

Kolibri hat gesagt…

und erst wenn du alles hinter dir lässt und einfach nur die wunderschöne landschaft genießt, die sich vor dir so selbstverständlich auftut, den warmen wind sanft einatmest, die zarten sonnenstrahlen spürst, die weich dein gesicht umschmeicheln, dann weißt du, was es bedeutet, wirklich frei zu sein.
eisbaerhelmut hat gesagt…
Wirklich frei ist nur der Wind. Der Sommerwind, der Fragen verweht und keine Antworten mehr gibt.