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wahllos

Die rezenten Entwicklungen im Team Stronach haben sich bereits bei der eisbärigen Mini-Reportage am Wahltag abgezeichnet (siehe unten). "Frank hat viele Fehler gemacht" war nicht nur Titel der Geschichte, sondern auch der allgemeine Tenor bei dieser leicht grotesk anmutenden Wahlfestivität. Vor allem die Aussagen von Siegfried Schalli erscheinen in der Retrospektive spannend. Er, der am Wahltag durchaus heftige und ungeschminkte Kritik an dem Politik spielenden Milliardär übte, durfte auf dessen Geheiß jetzt zum neuen Landesobmann avancieren. 


"Frank hat viele Fehler gemacht"

Lange Gesichter in Kärnten und Kritik am Wahlkampf des Parteigründers.


Die Location für die Wahlparty stand sinnbildlich für das, was kommen sollte. Statt im edlen Hotel trifft sich das Team Stronach diesmal im gutbürgerlichen Gasthaus. Rot-weiß-rote Fähnchen zieren die Tische, der penetrante Duft von Frittierfett liegt in der Luft. Noch vor der ersten Hochrechnung wird das Buffet eröffnet. "Weil uns dann wohl der Appetit vergeht", erklärt Landtags-Klubobmann Hartmut Prasch trocken. Um 17 Uhr bleiben einigen der etwa 60 Anwesenden Backhendl und Kasnudel im Hals stecken. Nur 6 Prozent und auch in Kärnten klar hinter den 11 Prozent bei der Landtagswahl.


Foto: Helmuth Weichselbraun

"Ich habe mir 8 bis 10 Prozent erwartet. Aber der Hype ist verflogen", sagt Landtagsabgeordnete Isabella Theuermann. Kollege Siegfried Schalli geht d'accord: "Es gibt keinen Grund zum Feiern, das Ergebnis ist an der Schmerzgrenze." Enttäuschte Gesichter allerorts. Und das Konterfei von Frank Stronach auf Plakaten. Sakrosankt ist der milliardenschwere Parteigründer nicht mehr. "Frank hätte sich auf seine Kernkompetenz Wirtschaft konzentrieren sollen", kritisiert ein Sympathisant und finalisiert mit einem kräftigen Schluck sein Bier. Der Applaus für Spitzenkandidat Stefan Markowitz ist verhalten. Der spricht von einem "schönen Erfolg", es "hätte aber mehr sein können". Viele wollten Willy Haslitzer vorne sehen. "Wir hatten wenig Einfluss auf den Wahlkampf", sagt Schalli und kündigt eine schonungslose Analyse an. "Auch Frank hat viele Fehler gemacht, nicht nur bei den TV-Auftritten." 
(Veröffentlicht: Kleine Zeitung, 30. September 2013)


Aber das ist mittlerweile bekanntermaßen nur noch Schall(i) und Rauch (hat der volksnahe VP-Generalsekretär Hannes eigentlich schon seinen imaginären Hut gezogen und sich (Fanny) van Dannen geschlichen?) beziehungsweise die konsequente Fortsetzung der von Stronach schon während seiner Zeit als Zampano des Fußballclubs Austria Wien praktizierten Hire and Fire Politik. Fragen Sie nach bei Joachim, dem Löw.


Vor einem halben Jahr war alles noch Eitel Wonne, wie der Eisbär bei der Party zur Landtagswahl miterleben konnte. Da lagen sich mäßig talentierte Ballesterer (Alpen-Beckham), ideologieferne Haider-Epigonen und gestandene Sozialisten in den Armen und bejubelten ein beachtliches Wahlergebnis. Die Rangelei um Posten und Funktionen nahm aber ganz offensichtlich schon ihren Ausgang.

Der Jubel schäumt nicht über

Nach dem Zittern jubelte das Team Stronach über die Klubstärke im Landtag und einen Regierungssitz. Euphorie kam nicht auf - auch weil Frank nicht da war.  

"Ich bin so nervös, wir müssen es in die Regierung schaffen", sagt die Landesbeamtin mit dem roten "K 26"-Button auf dem Blazer. Sie kaut auf ihren Fingernägeln. Erste Hochrechnung: Weniger als 10 Prozent für das Team Stronach. Ihr Gesicht wird länger. Fußballprofi Matthias Dollinger - Enttäuschungen vom grünen Rasen gewohnt - bleibt gelassen: "Aus dem Stand ist dieses Ergebnis sensationell. Und abgerechnet wird zum Schluss."
Die Stimmung ist etwas gedrückt. "Wir zittern noch, aber unsere Kerngebiete kommen erst", sagt Landesgeschäftsführer Michael Gollob. Als er kurz darauf enthusiasmiert "Fast 20 Prozent in St. Georgen im Lavanttal" in die Menge ruft, löst sich die Stimmung. Ein Regierungssitz wird wahrscheinlicher.

"Hast dir also doch die richtige Partei ausgesucht, Hans." Ex-SPÖ-Politiker Karl Markut klopft dem früheren Freiheitlichen Hans Rainer-Mente stolz auf die Schultern. Neben ihnen fallen sich der ehemalige Grüne Martin Rutter und der BZÖ-Abtrünnige Stefan Markowitz in die Arme. Ideologie ist passé, jetzt ist Frank. Der Parteigründer lacht von Roll-ups in dem großen Seminarraum des Hotels Sandwirth in Klagenfurt. 60, 70 Funktionäre und Sympathisanten sind da. Stehtische, rudimentäre Deko, eine riesige Leinwand. Kredenzt werden, nomen est omen, Frankfurter. "Jetzt geht's los!"-Sprechchöre werden angestimmt. Auch das Ergebnis in Niederösterreich passt.

"Der Landesrat ist das A und O - den holen wir uns", betont Rutter, der vom Habitus an Mitglieder von Haiders Buberlpartie erinnert. Aber wo ist eigentlich der Gründer und Mäzen der Partei? Zu Hause in Oberwaltersdorf, heißt es offiziell. "Weil ihm beide Bundesländer gleich wichtig sind", sagt Markut. Ein junger Mann mit hochrotem Kopf glaubt zu wissen: "Vielleicht kommt er doch noch, mit seinem Flieger wäre er ja in 30 Minuten da." Später wird über eine Videobotschaft spekuliert. Dankbar sind sie alle, dass Stronach sie unterstützt. Mente verschüttet vor Freude sein Bier. "Hochmut kommt vor dem Fall", sagt er angesichts des FPK-Debakels. Auf das Team Stronach warte jetzt viel Arbeit. "Wir werden an unseren Taten gemessen und müssen uns konsolidieren." Das TV-Statement von Gerhard Dörfler quittieren die Stronach-Fans mit "Auf Wiedersehen"-Rufen.

Euphorisch wird die Stimmung nicht, nach den Umfragen rechneten viele mit 15 Prozent. "Sind die Grünen wirklich vor uns?", ist zu hören. Der Einmarsch von Spitzenkandidat Gerhard Köfer wird zum Triumphzug. "21 Prozent in Spittal", jubelt sein Pressesprecher. Und am Ende klingt das schon nach "Altpartei": "Die Gremien entscheiden, wer Landesrat wird." 

(Veröffentlicht, Kleine Zeitung, 4. März 2013)

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