Direkt zum Hauptbereich

verhaftet

In artifiziellen Lebensräumen, in denen Eisbär Helmut und andere Vertreter der Spezies "Ursus maritimus" ihr Dasein fristen, ist das Tapsen in einen Fressnapf kein extraordinäres Ereignis. Maximal in rudimentär professionellen TV-Shows kann ein solches Hoppala zu dem einen oder anderen Lacherfolg führen. Dass der Tritt in einen Fress- respektive Fettnapf kein spezifisch animalisches Phänomen darstellt, verfolgte der Eisbär am Sonntag beinahe erste Reihe fußfrei – bei einem Besuch der Auftaktveranstaltung der Freiheitlichen Partei Kärntens (FPK) in den Wahlkampf für die Landtagswahlen am 3. März 2013. Eine Festivität, die zum Mobilisieren der mopsfidelen Sympathisanten diente, letztlich jedoch, zu einer bizarren Pleiten-, Pech- und Pannenshow ausartete. Allgemeine, sehr lesenswerte Beiträge über die Veranstaltung, die auch als Faschingssitzung durchgehen könnte, gibt es zuhauf. Deshalb an dieser Stelle Vorhang auf für die nonchalanten Protagonisten des munteren Fettnäpfchen-Hüpfens:


Kurt S. - Parteihäuptling agrarischer Provenienz, der Publikum und Ehrengäste in der Halle begrüßte und sich im Handumdrehen in die Pole-Position beim Kampf um das Güldene Fettnäpfchen setzte. Eingangs bedankte sich der Crocodil Dundee - der sich hinter der Bühne „wie ein kleiner Gladiator“ fühlte, um sich dann auf selbiger wie ein von Halluzinogenen gezeichneter Solcher zu gerieren - bei dem um 10.30 Uhr am Vormittag beginnenden Event, für den „ersten Applaus des heutigen Abends“. Nachdem er diesen Fauxpas im Laufe seiner Rede noch ein halbes Dutzend Mal wiederholen sollte, machte er die Beleuchtung  in der Halle dafür verantwortlich. „Es ist ein bisschen finster herinnen.“ Ganz nach der politischen Strategie: Schuldige und Sündenböcke sind prinzipiell nie in den eigenen Reihen zu suchen. 

Indes verdient die Klagenfurter Messehalle 2 en passant auch eine Erwähnung für ihre wunderbare Komparsenrolle. Teile der Bestuhlung der mehr oder weniger altehrwürdigen Wörtherseebühne fügten sich nahtlos in das wenig einladende Ambiente, welches zudem mit ausbaufähigen Temperaturen brillierte. Hatten die Organisatoren etwa vergessen, zeitgerecht ihren Antrag für die Kärntner Brennholzaktion abzugeben? Oder war das eine bewusste Entscheidung, um dem Eisbär ein möglichst heimeliges Gefühl zu bieten? Zumindest versprechen die wahlwerbenden Blauhelme für die Zeit nach der Wahl ein Gesundheitsgeld. Mit dem könnten ihre Unterstützer dann medizinische Präparate akquirieren, um die Erkältung zu therapieren, die sich an diesem Sonntag holten. 


Aber zurück zu unserem Mölltaler Herrenbauern, dem in seiner desorientierten Performance gleich der nächste Patzer unterlief. Den Klagenfurter Bürgermeister, in Sangeskreisen als "Roaring Chris" verschrien, begrüßte er als „Christian Ragger“. Scheiden tat Scheider weh. Und ob dieser Unbill ging ihm innerlich wohl die Galle hoch wie einem Germteig. Der gleichnamige Stadtrat saß als treuer Adjutant selbstredend neben ihm. 

In ähnlich andächtigen Positionen verharrten einige Reihen dahinter zwei adoleszente Parteigänger, die während der gesamten Veranstaltung ihre blauen Sonnenbrillen zur Schau trugen. Der Mann ohne Helm und Gurt hatte einstweilen noch nicht genug und machte aus einem ewiggestrigen Abwehrkämpfer einen Herrn Doktor. Um dann noch politische Mitbewerber als Insekten zu denunzieren und darüber zu fabulieren, wie es wäre, wenn Strache & Co. eine Moschee in Istanbul besetzten. Doch genug der Ehre für den Totengräber der Moser Medical Group. Weitere Sympathieträger haben auch noch „15 seconds of polar bear fame“ verdient!

 

Harald D. - Renitenter Parvenü mit zunehmend adipösen Zügen, der in alter Tradition die kleingeistige Speerspitze des ganzheitlich freien Familienverbandes mimen durfte. Er betonte „gern den Kärntner Anzug“ und „die Heimat im Herzen“ zu tragen. Herzklappenfehler und Herzrhythmusstörungen inklusive? Zudem versprach justament seine Wenigkeit, in Zukunft „nicht mehr verhaltensauffällig“ zu werden. Bei der darauffolgenden Drumshow wurde bedauerlicherweise darauf vergessen, leichte Schläge auf den Hinterkopf anzubieten. 

Zuvor hatte auch die Vorstellung der Landesräte "Reggae Chris" und "Salami Harry" ein wunderbares Fettnäpfchen, respektive eine wahre Fetttonne, anzubieten. Der miese Moderator, Verzeihung, der Moderator „Miese“ (Gerd M.), bekannt aus Funk und Fernsehen, machte aus seinem Herzen keine Mördergrube und gab folgenden Satz zum Besten: „Wir haben auch zwei Landesräte, die bei uns verhaftet sind!“ Nach einem kurzen Schockmoment wandelte er die suboptimale Formulierung in „emotional verhaftet“ um. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt – honi soit qui mal y pense

Als Zahntechniker Honoris Causa hatte auch der FPÖ-Chef das eine oder andere provinzielle und jenseitige Bonmot in petto. Der ESM als „Europäischer Sadomaso Vertrag“, die „ÖVP unter Minderheitenschutz stellen“, das „Verbrechen des Asylbetruges“, die „blutleere Figur namens Peter Kaiser“ und das "Nachspucken in das Grab von Jörg Haider“ wurden thematisiert. 





Über die skurrile Performance des sich als "Landesvater" präsentierenden Gerhard D. sollte an dieser Stelle eigentlich der Mantel des Schweigens gebreitet werden. Der Steirerwitz zu Beginn seiner Rede darf den geneigten Lesern jedoch nicht vorenthalten werden: „Warum stellt der Steirer sein Moped ins Bücherregal? Weil auf dem Moped ‚Puch’ drauftsteht.“ 

Wer das Umschneiden von Bäumen entlang des Rings in Klagenfurt als „einen meiner schönsten politischen Tage“ bezeichnet, ständig von seit Jahren abgeschlossenen Straßenprojekten schwärmt und eine Dreiländer-Ski-WM als eine seiner wichtigsten Zukunftsvisionen bezeichnet, demaskiert sich ohnehin von selbst. Noch Fragen, warum „Unser Kärnten“ nicht mehr als eine politische Bankrotterklärung und ein intellektuelles Desaster ist?

Kommentare